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Einblicke/ Ausblicke

Das Theatrium ist ein Phänomen. Punkt. Doch was wäre das Theatrium ohne all die phänomenalen Menschen, die hier über die Tage, Wochen, Jahre ein und ausgegangen sind? In unserer neuen Serie „Einblicke/Ausblicke“ wollen wir sie vorstellen.

Heute mit Joachim Kern, rappender Doktor in spe und Regie-Nachwuchs aus eigenem Hause.

Lieber Joachim, vielen Dank, dass du dich meinen Fragen stellst. Zum Anfang zehn schnelle Fragen zum warm werden:

Kaffee oder Tee?
Kaffee!

Frühling oder Herbst?
Frühling

Frühaufsteher*in oder Nachteule?
Spätaufsteher, aber lange wach bleib ich auch nicht. lacht

Buffet oder a la carte?
Eher a la carte, aber kommt auch auf das Buffet an.

Club oder Konzertsaal?
Puh, eher Konzertsaal.

Haustier oder Zimmerpflanze?
Stirbt beides bei mir, aber ich habe nur Pflanzen aktuell.

Kino oder Fernseher?
Ich liebe das Kino sehr.

Frühstück oder Abendessen?
Spontan eher Abendessen, aber Frühstück hat ein enormes Potenzial, mit ausreichend Zeit für Vorbereitung und essen.

Gemälde oder Foto?
Gemälde sind super! Aber von meinen Freunden und mir gibt es doch eher Fotos und die möchte ich auch nicht missen.

Abendgarderobe oder Jogginghose?
Auf jeden Fall Abendgarderobe! Wird Zeit, dass es wieder entsprechende Gelegenheiten gibt.

Kommst du so langsam rein? Ja? Dann, vervollständige bitte folgende Sätze:

Im Theater sitze ich am liebsten …
mittig, sowohl im links/rechts als auch im vorn/hinten Verhältnis. Da hab ich einfach den besten Überblick.

Wenn ich mich unbeobachtet fühle, passiert es mir schon mal, dass…
ziemlich viel an meinen Fingern knaupel. Das war schon in der Schule so.

Manchmal frage ich mich, ob…
das Gefühl, immer irgendetwas zu tun zu haben, auch mal wieder nachlässt oder ob das jetzt bleibt, bis ich in Rente bin.

Einmal habe ich während einer Vorstellung im Theatrium …
geschlafen. Wahrscheinlich mehr als einmal. Das ist meine geheime Superkraft, immer und überall einschlafen zu können. Deshalb war ich auch in den Marvel-Filmen nicht zu sehen, ich hab einfach verpennt.

Entschuldigung, aber man wird ja wohl nochmal sagen dürfen, dass…
die 40h Woche ein riesengroßer Beschiss ist.

Warm geworden? Gut, dann erzähl uns doch bitte ein bisschen was über dich!

Joa, also ich bin der Joachim und weil mit dem Vornamen eigentlich wenig Alternativen bestehen, habe ich Germanistik studiert. Das hat mir mal mehr, mal weniger Spaß gemacht, war aber doch immer spannend genug, um nie abzubrechen. Als im Master dann ein cooler neuer Prof. an die Uni kam und ich dadurch meine Masterarbeit über mein Lieblingsthema Rap schreiben konnte, gab es schlussendlich ein Happy End, das mich in die glückliche Lage versetzte, eine Doktorarbeit schreiben zu können. Das mache ich nun seit undeutliches Getuschel Jahren. Mittlerweile unterrichte ich zudem an der Universität, zumindest ein bisschen – und ein Rap-Projekt habe ich auch noch! Außerdem bin ich seit Herbst 2020 Projektleiter am Haus, was für mich natürlich eine riesige Ehre ist. Falls dann am Ende des Tages noch Zeit bleibt, verbringe ich diese vor allem mit meiner Freundin und/oder meinem langjährigen Freund und Mitbewohner. Generell verbringe ich sehr gerne Zeit mit Freunden und spiele sehr sehr gerne alle Arten von Gesellschaftsspielen.

Ein rappender Dozent? Spannend. Erzähl mal ein bisschen über dein Rap-Projekt. Gab es da tatsächlich schon Überschneidungen von Rap und Lehre?

Überschneidungen zwischen meinem Rap und der Lehre gab es direkt noch nicht, aber natürlich verbinde ich meine Interessen regelmäßig. Auf der einen Seite beschäftige ich mich wissenschaftlich viel mit dem Thema ‚Rap als Teil von Lyrik‘. Dazu habe ich auch schon auf Tagungen gesprochen und baue es, wenn es passt, auch mal in den Unterricht ein, zumal ich werdende Lehrer*innen im Seminar sitzen habe und absolut überzeugt bin, dass man mit Songs, nicht nur Rap natürlich, die Jugendlichen gut abholen kann in der Schule. Ich hätte es sehr gefeiert, wenn wir im Deutschunterricht auch mal Freundeskreis behandelt hätten.
Zum anderen habe ich das Rap-Projekt Freud & Leid, gemeinsam mit meinem Kumpel Benken. Er produziert die Musik, ich rappe. Wir haben bisher noch wenig veröffentlicht, sitzen aber aktuell fleißig an unserer ersten EP. Und auch die verknüpft wieder meine Interessen: Die einzelnen Texte beziehen sich alle auf diverse Texte der Literaturgeschichte, passend wird das Ding auch „Literatur-EP“ heißen. Und noch mehr Überschneidung: Zu einem Song dieser EP durften wir ein Musikvideo im Theatrium drehen, da kommt also auch für die Fans des Visuellen bald mal wieder was Neues von uns.

Dreh und Angelpunkt unseres Gesprächs ist ja das Theatrium. Erinnerst du dich noch, wann und wie du das Theatrium kennengelernt hast?

Ja, ich erinnere mich gut. Mein bereits erwähnter Mitbewohner Dominique war irgendwie auf das Theatrium aufmerksam geworden und das erste Mal habe ich das Haus bei einer Aufführung von Casablanca betreten, bei der er mitgemacht hat. Daraufhin sagte ich ihm, er solle unbedingt Bescheid geben, wenn es wieder Einschreibungen gibt, denn ich würde auch gerne wieder Theater spielen. Wir haben beide schon mal in der Schule zusammen gespielt. Daran hat er sich dann leider erstmal nicht erinnert, weswegen es dann noch eine weitere Spielzeit gedauert hat, bis ich dann 2012 bei der Einschreibung dabei war und angefangen habe, im Theatrium mitzuspielen.

Eine kurze Momentaufnahme: was/wie/wer war das Theatrium zu dem Zeitpunkt?

Puh, das Theatrium war für mich eine längere Zeit, ich denke eigentlich meine gesamte erste Spielzeit, eine große Unbekannte. Ich war sonst nie so weit im Westen der Stadt, außer Dominique gab es keine Verbindung in mein sonstiges Leben. Die meisten Angestellten / Projektleiter haben mir ein wenig Angst gemacht. Eigentlich alle außer meinem damaligen Projektleiter. lacht Es hat tatsächlich ein wenig gedauert, bis ich so richtig warm geworden bin mit dem Haus, was aber wohl eher an meiner Unsicherheit lag. Die Frage, wer das Theatrium für mich war, war daher tatsächlich sehr lange: Dominique.

Wie sieht dein Werdegang am Theatrium aus?

Einiges habe ich ja schon erzählt. Ich habe 2012 angefangen, am Haus Theater zu spielen, später hatte ich mal Lust in die Rolle des Assistenten zu schlüpfen, aus der ich dann auch irgendwie nicht mehr rausgegangen bin. Die Arbeit mit Falko hat aber auch immer viel Spaß gemacht. Für die Zeit, in der das Schauspielern zu sehr in den Fingern juckt, hat sich aus einigen „Älteren“ im Theatrium zum Glück eine eigene kleine Gruppe gebildet, zu der ich ebenfalls gehöre. Für mich mindestens so überraschend wie für alle anderen ergab sich dann im Sommer 2020 die Gelegenheit, ein eigenes Projekt zu leiten, die ich natürlich am Schopfe ergriffen habe. Die klassische Geschichte des German Dream also. Für mich ist das Faszinierendste daran eigentlich, dass ich 2012 nicht mal ansatzweise die Idee hatte, beruflich was mit Theater zu machen, schon gar nicht auf so einer kreativen Stelle.

Mir sind die Begriffe German Angst und German Trauma bekannt. German Dream wirkt wie ein Gegenspieler dazu. Was macht den German Dream für dich aus?

Das war tatsächlich nicht so ganz ernst gemeint. Ich glaube, wenn es sowas wie einen deutschen Traum gibt, ist es nach wie vor ein guter Beruf – Frau – Haus – Kinder. Ich habe da eher Leute im Kopf, für die dieser „Aufstieg“ innerhalb eines kleinen familiären Theaters das Gegenteil eines Lebenstraums wäre und meinte das sehr ironisch.

Das Lotus Kollektiv – also die kleine Gruppe aus „Älteren“ – hat ja bereits ein Stück im Theatrium realisiert. Die Dystopie „Anna Oder der freie Wille“ strotzte nur so vor Orwell, Huxley und Bradbury. Aktuell arbeitet ihr ja wieder an einem Stück. Was erwartet uns da?

Dieses Mal wird es ein Kammerspiel. Es geht um eine kleine Gruppe an Freunden, die zusammen Silvester feiern wollen. Dieses Mal haben wir uns ein wenig von Agatha Christie inspirieren lassen. Es wird aber deutlich humorvoller, als „Anna“ es war. Mehr wird noch nicht verraten.

Hast du eine schöne/ spannende/ lustige oder einfach merkwürdige Anekdote parat?

Im Probenlager 2019 – es war unnatürlicher warmer Februar und wir waren alle sehr viel draußen – sah ich eines schönen Nachmittags Erik durch die Gegend laufen und dabei fröhlich singen. Bis dahin war Erik für mich immer der ernste Organisator, das „Gehirn“ des Hauses, doch an diesem Tag und auch noch an weiteren Momenten in dem Probenlager, habe ich seine durchaus stark vorhandene lustige, unterhaltsame und herzliche Seite kennengelernt.

Kannst du sagen, inwieweit das Theatrium dich und deinen Lebensweg beeinflusst, vielleicht sogar geprägt hat?

Die Zeit hat mich definitiv sehr stark geprägt. Vor allem seit 2015 war es ein wesentlicher Bestandteil meines Alltags, aber auch meiner Jahresplanung – die erste Woche in den Winterferien wird immer freigehalten! Ich habe einige meiner besten Freunde dort kennengelernt und auch die Freundschaft zu Dominique wäre sonst vielleicht nicht so intensiv geblieben nach der Schulzeit. Mittlerweile ist es für mich nicht mehr wegzudenken, weil es für mich seit längerem der kreative Ausgleich zu meinem sonst eher theoretischen – in Bezug auf Literatur – Leben ist.

Was würdest du uns aus deiner jetzigen Sicht gerne mit auf den Weg geben?

Wenn ich an mein erstes Jahr denke, wäre meine Kritik nur, dass das Haus manchmal ein so eingeschworener Haufen ist, dass der Eintritt von außen nicht immer ganz leicht ist. Aber mit ein wenig Ruhe und Beharrlichkeit wird man super schnell in den Haufen aufgenommen und dann wird es wunderbar!
Bleibt also weiterhin offen, vergesst nie, dass wir auch im Theatrium eine Bubble sind, aus der auch mal rausgegangen werden muss. Das gelingt euch / uns aber auch regelmäßig, wage ich zu behaupten.

Und zuletzt: Was wünschst du dir? Für uns, für dich, für die Welt oder dein Meerschwein – du darfst es dir aussuchen.

Ich wünsche mir natürlich zuallererst, dass das Haus noch lange bestehen bleiben kann und der ewige Hustle um das Geld immer halbwegs zufriedenstellend ausgehen wird. Vielleicht kommt zu meiner Lebzeit ja sogar noch der Moment, in dem die Politik erkennt, wie wichtig Bildung, Kultur und soziale Arbeit und wie kostbar die Kombination aus allem am Theatrium ist. Ein Meerschweinchen habe ich nicht, aber falls das hier ein geheimer Gönner liest: Es gibt da so einige Lego-Sets auf meiner Wunschliste, die ich mir nicht alle allein leisten kann…

 

Danke, Joachim!