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Einblicke/ Ausblicke

Das Theatrium ist ein Phänomen. Punkt. Doch was wäre das Theatrium ohne all die phänomenalen Menschen, die hier über die Tage, Wochen, Jahre ein und ausgegangen sind? In unserer neuen Serie „Einblicke/Ausblicke“ wollen wir sie vorstellen.

Heute mit Clemens Böhnstedt, ehemaliges Ensemblemitglied, Regie-Aspirant, weiser Türwächter und boxender Sozialarbeiter in spe.

Lieber Clemens, vielen Dank, dass du dich meinen Fragen stellst. Zum Anfang zehn schnelle Fragen, zum warm werden:

 

Kaffee oder Tee?

unentschieden

Frühling oder Herbst?

Frühling

Frühaufsteher*in oder Nachteule?

Schuhu, Schuhu

Buffet oder a la carte?

Das Buffet, da man dadurch deutlich flexibler ist.

Club oder Konzertsaal?

Club. IFZ.

Haustier oder Zimmerpflanze?

Haustier.

Kino oder Fernseher?

Kino, fernsehen kann jede*r

Frühstück oder Abendessen?

Abendessen.

Gemälde oder Foto?

Kommt auf den Menschen an, welcher es entwickelt hat, aber tendenziell eher das Foto.

Abendgarderobe oder Jogginghose?

Hat beides seine Reize, aber die Jogger würde ich immer in meinen Koffer packen da sie an Bequemlichkeit nicht zu überbieten – und natürlich essenziell für das Proben – ist.

 

Kommst du so langsam rein? Ja? Dann, vervollständige bitte folgende Sätze:

Im Theater sitze ich am liebsten…

mittig in der letzten Reihe.

Wenn ich mich unbeobachtet fühle, passiert es mir schon mal,…

dass ich zu mir selbst quatsche.

Manchmal frage ich mich, ob…

sich das Huhn fragt, ob das Baby oder die Mutter bei uns Menschen zuerst da war.

Einmal habe ich während einer Vorstellung im Theatrium…

Bier getrunken.

Entschuldigung, aber man wird ja wohl nochmal sagen dürfen, dass…

nach diesem Satzbeginn meistens nichts Gutes folgt.

 

Warm geworden? Gut, dann erzähl uns doch bitte ein bisschen was über dich!

Moin, ich bin Clemens und 23 Jahre alt. Die meisten Menschen hier kennen mich, da ich mittlerweile seit fast 8 Jahren am Theatrium aktiv bin. Derzeit studiere ich Soziale Arbeit und absolviere mein zweites Praktikum hier am Haus. In meiner Freizeit  laufe ich gerne große Runden mit meinem Hund Morty und gehe Boxen für die körperliche Auslastung. Ich denke, das sollten fast alle Eckdaten zu meiner Person sein.

Zu sich selber quatschen finde ich ja irgendwie sympathisch. Hast du dich auch schon mal selbst dabei überrascht? Weißt du noch womit?

Ja, dabei habe ich mich schon des öfteren erwischt. Der Klassiker ist eigentlich, wenn ich unter Zeitdruck stehe und an mehrere wichtige Dinge denken muss. Dabei nutze ich das Vormichhinbrabbeln, um keine wichtigen Dinge zu vergessen. Aber auch vor wichtigen Terminen, wie zum Beispiel Bewerbungsgesprächen oder mündlichen Prüfungen, kommt es schonmal vor, dass ich mich mit mir selber darauf vorbereite. Im Pendant zu diesen Drucksituationen steht mein Gebrabbel unter der Dusche, da kann es an guten Tagen auch mal philosophisch zugehen.

Boxen, Theater, IFZ – gibt es da deiner Meinung nach eine Schnittmenge und wenn ja, wie sieht die aus? Wenn nein, wie ergänzen sich diese, ich nenne es mal, Betätigungsfelder?

Also ich denke sogar, dass es da mehrere Schnittmengen gibt. Einerseits erlebe ich diese Betätigungsfelder als Freiräume, in welchen man sehr viel über sich selbst, aber auch über den Umgang mit anderen Menschen erfahren kann. Alle „Bereiche“ leben vom Austausch untereinander, vom Aushandeln und  Einhalten von Grenzen und vom kritischen Umgang mit den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Natürlich gibt es da auch ganz andere Boxgyms, aber in meinem wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass sich eben nicht nur weiße cis-Männer wohlfühlen. So bietet Kampfsport hier für ganz verschiedene Menschen einen Raum, um an die eigenen Grenzen zu gehen und den Alltag hinter sich zu lassen. Und da wären wir auch schon bei der nächsten Gemeinsamkeit: Alle drei Bereiche üben eine berauschende Wirkung auf Menschen aus, die jede*n den Alltag über einen kürzeren oder längeren Zeitraum vergessen lässt. Egal ob fliegende Fäuste, wummernde Bässe oder das Strahlen der Scheinwerfer, man lebt im Moment. Und das ist meiner Meinung nach, ein sehr schönes und auch sehr wichtiges Gefühl. Natürlich spielt bei allen Bereichen auch das Erforschen der eigenen körperlichen Grenzen eine gewisse Rolle.

Dreh und Angelpunkt unseres Gesprächs ist ja das Theatrium. Erinnerst du dich noch, wann und wie du das Theatrium kennengelernt hast?

Oh ja, sehr genau. Ich habe damals noch am Theater der jungen Welt bei einem Projekt für Jugendliche mitgemacht, welches auch am Sächsischen Jugendkunstpreis teilgenommen hat. Das war glaube ich 2012. Naja jedenfalls fand die ganze Veranstaltung auch in den Räumlichkeiten des TdjW´s statt. Nachdem ich meinen Auftritt absolviert hatte, sah ich mir die anderen Mitbewerber*innen um den Preis an. Da gab es viel Tolles und Leidenschaftliches zu sehen, aber besonders ins Auge und Herz gefallen war mir das Theatrium. „Die“ sind damals mit „Casablanca – das Musical“ aufgetreten und wussten zu überzeugen. Es gab ja auch den Publikumspreis zur Belohnung.

Und dass Liebe auf den ersten Blick nicht zwangsläufig zwischen zwei Personen stattfinden muss, das weiß ich seit diesem Tag. Ob es das Theatrium auch weiß, das wage ich zu bezweifeln, aber es wird mich definitiv nicht los.

Eine kurze Momentaufnahme: was/wie/wer war das Theatrium zu dem Zeitpunkt?

Ein Ort, der in Jugendlichen eine große Euphorie und Spielfreude auslösen kann und mich mit nur einer Vorstellung überzeugen konnte, dass da etwas „Großes und Ganzes“ dahintersteckt.

Wie sieht dein Werdegang am Theatrium aus?

Also ich habe glaube ich vor 8 Jahren bei meinem ersten Projekt hier am Haus mitgewirkt. Das war das Projekt Bekenntnisse. Danach spielte ich bei den Projekten: 19 Zimmer, Küche, Bad; Die Gräte; Der Stich und Dito mit. Bei Dito schlüpfte ich in die Hauptrolle des weisen Nathans und habe das gesamte Projektjahr schon überlegt meinen Posten als Spieler zu räumen, damit wieder ein anderer (und jüngerer) Mensch die Möglichkeit hat, die Magie hier zu erleben. Da ich das Theatrium weiter unterstützen wollte und mir auch mal einen anderen Betrachtungswinkel „erlauben“ wollte, fing ich gleich im folgenden Projektjahr eine Projektassistenz unter Kathrin an. Das Projekt „Koma“ sollte auch gleich auf mehreren Ebenen eine Belastungsprobe für uns werden, was uns aber als „Regieteam“ nur zusammengeschweißt hat. Seitdem habe ich zusammen noch zwei weiter Projekte mit Kathrin auf die Bühne gebracht und zunehmend mehr Text für das jeweilige Stück geschrieben. Achso, und derzeit absolviere ich mein zweites Praktikum im Rahmen meines Studiums hier. Das verschaffte mir nochmal Einblicke in bis dato unentdeckte Gefilde, wie zum Beispiel die Hospitanz bei Proben, konzeptionelle Arbeit und Orga-Kram. Als den Höhepunkt meiner langen Karriere hier am Haus würde ich meinen Auftritt als Huhn in dem Theatriumssong „Zum ersten Mal seit Ewigkeiten“ sehen.

Was macht für dich denn die Magie des Theatrium aus? Und hast du eine Idee, was dieses mysteriöse „große Ganze“ sein könnte?

Die Magie des Theatriums besteht für mich darin, dass dieses Haus es schafft, sehr verschiedenen Kindern und Jugendlichen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Und dieses Lächeln ist Ausdruck für die vielen schönen Momente, das Selbstvertrauen und das Vertrauen, welches den jungen Menschen entgegengebracht wurde. Das Theatrium wird ja nicht umsonst von sehr vielen verscheiden Personen als „zweites Zuhause“ bezeichnet, manchmal sogar als erstes. Und das „große Ganze“ würde ich an der breitgefächerten Aufstellung des Hauses festmachen. Denn schon im Team kommen sehr verschiedene Menschen mit ihren Arbeitsweisen, Lebenserfahrungen und Ansichten zusammen. Durch dieses Facettenreichtum ergibt sich ein schillerndes, buntes Schmuckstück aka Team, was sich auch der Unterschiedlichkeit unserer Projektteilnehmenden anpassen kann.

Hast du eine schöne/ spannende/ lustige oder einfach merkwürdige Anekdote parat?

Leider nicht. Mir fallen da zu viele auf einmal ein und die würden den zeitlichen Rahmen sprengen. Aber die Probenlagerparties waren schon Extraklasse. Besonders als die damalige Chefin mit einem Freund von mir Walzer zu KIZ getanzt hat. Herrlich!

Kannst du sagen, inwieweit das Theatrium dich und deinen Lebensweg beeinflusst, vielleicht sogar geprägt hat?

Ja. Es hat mich sehr geprägt. Das Theatrium war immer an ein Ort, an dem ich meiner Fantasie und Kreativität freien Lauf lassen konnte. Ich habe hier viele neue Menschen mit sehr unterschiedlichen Charakteren und Lebensgeschichten kennengelernt, mit denen ich mir meine Leidenschaft für das Theater teilte und gemeinsam Stücke erarbeitet habe. Deshalb würde ich sagen, dass meine Offenheit gegenüber den vielen verschiedenen Lebensweisen und Charakterzügen von Menschen vom Theatrium mitgeprägt wurde.

Was würdest du uns aus deiner jetzigen Sicht gerne mit auf den Weg geben?

Ich fände es stark, wenn wir es schaffen würden wieder mehr Kids und Jugendliche aus Grünau für unsere Sache zu gewinnen. Ansonsten wünsche ich mir, dass das Haus immer im Wandel bleibt, aber dabei die gemeinsamen Werte und Fähigkeiten nicht aus den Augen verloren werden.

Und zuletzt: Was wünschst du dir?

Für mich und euch wünsche ich mir, dass unsere Wege länger verbunden bleiben. Ansonsten wünsche ich allen Menschen am und dem Haus selbst einen gesunden Weg aus der Pandemie und viel Freunde in allen zukünftigen Projekten. Zusätzlich wünsche ich mir, dass die Meinung von jungen Menschen mehr Gewicht bekommen sollte und das ganze „gestrige“ Gedankengut dieser Meinung zu großen Teilen weicht.

Danke, Clemens!